Pfarrei St. Medardus - Jockuschstr. 12 - 58511 Lüdenscheid
Telefon 02351 / 66 400 - 0



(30.06.2024)



































Claus Optenhöfel:
Ansprache im letzten Gottesdienst in St. Petrus und Paulus


Liebe Schwestern und Brüder,

in diese Kirche kommt man nicht herein, ohne auf sie zu stoßen: Petrus und Paulus, mit Schlüssel und mit Schwert, mit Hahn und mit Buch, sind auf den Eingangstüren dieser Kirche dargestellt. Sie alle sind vorhin durch diese Türen gegangen.

Petrus und Paulus – diese so unterschiedlichen Typen – „Apostelfürsten“ werden sie manchmal genannt. Sie stehen für die ersten Verkündigungen von Jesus, dem Auferstandenen – für die ersten christlichen Gemeinden – und für die Gemeinschaft der Kirche seit 2000 Jahren.

Petrus und Paulus – sie stehen vom Namen her dann auch für alles, was hier ist. Für die Gemeinde hier seit 1962. Von Anfang an hat sie auch den 29. Juni, das Fest der beiden, gefeiert. Schon seit 1960 war hier ja der Beginn gemeindlichen Lebens geplant. Theo Grote kam als Priester Ende 1960, und die ersten Messen waren in der evangelischen Kreuzkirche. Damals – man beachte – sonntags um 7.15 Uhr – so habe ich gelesen. Dann war da ab 1962 die Holzkirche – und am 1. Oktober 1967 wurde diese Kirche geweiht. Aufbau und Leben – wachsende Kirche – und eine neue, starke, engagierte Gemeinde.
Sankt Petrus und Paulus – 1961 und 1962 wurde dieser Tag in der Josefs-Kirche gefeiert. Die Verbundenheit war da.
Vieles ist geblieben: die ökumenische Verbundenheit bis hin zur jetzigen Er-Lebt-Gemeinde; lange Jahre haben Sie im Sommer gemeinsame Gottesdienste und Feste gefeiert.
Und auch die Verbundenheit, die heute schmerzlich und vielleicht doch auch hoffnungsvoll zählt und gilt: ans Sauerfeld – unter den katholischen Gemeinden Lüdenscheids, die sich in Zeiten mit weniger Christen an einem Ort sammeln wollen und sollen.

Geschichte und Geschichten. Und anders als es beim Abschied von der Brügger Kirche im Januar war, haben ja einige hier die ganzen gut 60 Jahre miterlebt – vom Anfang und Suchen und Aufbau und Leben hin zum kleiner werden und zu diesem Tag hin. Wird es weitergehen? Und wie?

Ich möchte noch einmal kurz auf die beiden Heiligen blicken – Sankt Petrus und Paulus. Und darauf, was wir von ihnen heute aus der Bibel hören.
Denn ich sehe sie eigentlich jetzt uns ganz nah. Schon letzte Woche habe ich der Predigt hier etwas dazu gesagt – und auch jetzt: die Heiligen sind ja nicht dazu da, dass wir starr zu ihnen aufblicken und sie bewundern und demütig beweihräuchern. Sie sind dazu da, uns Wege christlichen Lebens zu eröffnen. Ihre Erfahrungen und Lebensgeschichten sind Erfahrungen, die uns erreichen, stärken, ermutigen, trösten können. Und sind in allem Geschichten Gottes mit uns Menschen.
So ist es auch bei Petrus. Er ist ja einer, der ein starker Bekenner ist – gerade er nennt Jesus den Christus, den Sohn des lebendigen Gottes. Aber er ist auch der Zweifler, der Jesus davon abhalten möchte, ins Leiden zu gehen – der ihn verleugnet. In der Lesung haben wir gehört, dass er im Gefängnis sitzt. Die Episode ereignet sich unter dem neuen König Herodes – in den vierziger Jahren.
Paulus ist schon als Missionar unterwegs. Der Name „Christen“ hat sich in Antiochia schon gebildet.
Petrus kann also auf eine gute und erfolgreiche Zeit zurückblicken – aber eben auch auf Gefährdungen. Und jetzt wird er – weil es diesem neuen König gefällt – festgenommen und streng bewacht.
Hier zeigt sich, dass er dennoch nicht verloren ist. Die Gemeinde betet für ihn. Ein Engel des Herrn befreit ihn – auf eine Weise, die er erst gar nicht für echt halten kann. Und dann ist er auf einmal befreit – und merkt: Gott kann stärker sein als die menschlich erdachten Wege. Gott kann auch jetzt retten und bewahren.

Es ist gerade die Erfahrung, die der zweite Timotheusbrief auch von Paulus erzählt. Wie oft ist er in den Städten, in denen er verkündigt hat, angegriffen worden, bis hin zur Todesgefahr! Und auch in der Gemeinde gab es Streit – etwa in Korinth, wo er heftig schreiben und vermitteln musste. Am Ende lesen wir: Der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft; der Herr wird mich allem bösen Treiben entreißen und retten in sein himmlisches Reich.

Das, liebe Schwestern und Brüder,
verbindet Petrus und Paulus: die Erfahrung, dass Rettung von Gott kommt. Die Erfahrung, dass Predigt, Mission und Verkündigung Christi eine neue Gemeinschaft stiften – aber nicht vor Verlusten und Verfolgung retten können. Retten kann allein Gott – und die beiden bezeugen mit ihrer Verkündigung: Der Gott Jesu Christi! Auf Jesus – auf Christus setzen die beiden; und tun das beide, nachdem Jesus ihr Leben auf den Kopf gestellt hat. Weder der Fischer Petrus noch der Zeltmacher und Schriftgelehrte Paulus haben in „Missionar – Apostel Christi“ eine Ausbildung gemacht. Ihr geplantes Leben geriet durch Jesus vielmehr völlig durcheinander, und sie mussten ganz neue Wege einüben. Wege, die nur Jesus ihnen zeigte; Wege, auf denen sie auch lernen, Fehler machen, gegen Wände rennen mussten. Aber immer wieder: Gott öffnet uns Türen. Gott befreit.

Liebe Schwestern und Brüder,
die Türen dieser Kirche werden heute verschlossen. Das ist unser menschlicher Umgang mit unserer Situation als Kirche und Gemeinde. Es ist ein Verschließen, das Schmerzen hervorruft, keine Frage.
Zugleich ist es das Bemühen, Türen füreinander zu öffnen – und in Lüdenscheid mehr und mehr zusammenzufinden in der einen Gemeinde Sankt Medardus. Auch das – ein Weg, auf dem wir lernen müssen, Fehler machen, vielleicht gegen Wände rennen. Aber eine Einladung, gemeinsam unterwegs zu sein. Jetzt gleich zum Sauerfeld – im Bus – in Autos. Und weiterhin von diesem gemeinsamen Ort aus als Christinnen und Christen in unserer Stadt. Ich glaube fest, dass das Entscheidende für heute nicht die Frage dieses Abschieds oder des Ankommens ist; so sehr das im Vordergrund steht. Ich glaube fest, dass das Entscheidendere die Erfahrung ist: Gott öffnet uns Wege und befreit. Wir dürfen unser Leben, unser Glauben, unser Kirche-Sein mit dieser Zusage und Verheißung fortsetzen und immer wieder in neuen Zeiten neu gestalten.

Nehmen wir die Erfahrung dieser Gemeinde Sankt Petrus und Paulus mit – Erfahrungen lebendigen Glaubens! Und nehmen wir die hoffnungsvolle Erfahrung der Apostel mit – da auch unser christliches Leben nicht geht, wie viele von uns einmal dachten, sondern anders in anderer Zeit. Auch da ist es Christus, der uns ruft und herausfordert; der uns aber auch Grund und Hoffnung ist.


Hier können Sie die Predigt herunterladen ...


... und hier gibt es noch mehr Bilder.